Die dichte Gebäudehülle ist die Basis für Energieeffizenz und eine bauschadensfreie Konstruktion. Ob Holz- oder Massivbau, jede Bauweise hat ihre typischen Problemzonen, was die Luftdichtung der Gebäudehülle anbelangt. Vor allem mangelhafte Anschlüsse der Dampfbremsen sind die Ursache für Leckagen. Es gibt einige konstruktive Details, die bereits bei der Planung beachtet werden sollten. Dieser Artikel greift häufig auftretende Schwachstellen auf und zeigt, wie diese bereits in der Planung vermieden werden können.
Dieser Artikel ist zuerst in der Februar-Ausgabe der Fachzeitschrift Gebäude Energieberater GEB erschienen. Die redigierte und layoutete Version kann hier abgerufen werden: "Die Tücke der Lücke - Luftdichtung im Detail."
Die Vorgaben der DIN 4108-7 sind entscheidend für eine dichte Gebäudehülle
Wer sich mit der korrekten Planung und Verarbeitung der Gebäudehülle beschäftigt, muss sich früher oder später mit dieser Norm intensiver beschäftigen: DIN 4108-7 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden –Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden. Diese weist seit 2011 auf einige Details hin, die vor allem durch Blower-Door-Messungen aufgefallen waren.
Massivbau: unkontrollierte Strömungen durch Stoßfugen
Bei der Klassifizierung von Konstruktionen unterscheiden wir in erster Linie zwischen Holz- und Massivbau. Bei letzterem wurden die neuralgischen Stellen lange ignoriert, da man davon ausging, dass verputztes Mauerwerk luftdicht sei. Mit dem Aufkommen von gelochten Steinen, deren Stoßfugen nicht mehr vermörtelt wurden, änderte sich die Situation grundlegend.
Hier schreibt die DIN 4108-7 folgendes : „In später nicht mehr zugänglichen Bereichen ist zumindest ein Glattstrich anzubringen, z. B. im Bereich von Vorwandinstallationen, abgehängten Decken und Kniestockwänden.“ Die Baupraxis hingegen sieht meist so aus: Bereiche, die hinterher nicht sichtbar sind, bleiben häufig unverputzt, teils aus Unkenntnis, teils durch Unzugänglichkeit wegen bereits erfolgter Sanitär-, Elektro- oder Lüftungsinstallationen. Besonders bei porosierten Mauerziegeln, aber auch bei modernem Kalksandstein-Mauerwerk kommt es zu unkontrollierten Strömungen durch die Stoßfugen.
Achtung: WDVS garantiert keine zusätzliche Abdichtung
Die landläufige Meinung – ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) würde für eine zusätzliche Abdichtung sorgen – kann nicht bestätigt werden.
Typische Fehlerquelle: Kehlbalkenlage
Im Bereich der Kehlbalkenlage ergibt sich hinter dem äußeren Balken am Giebel eine ähnliche Situation. Auch hier wird oft aufgrund des Bauablaufs auf einen Glattstrich verzichtet.
Selbst wenn eine Putzschicht aufgebracht wurde, wird der luftdichte Anschluß zu den Balken meist vernachlässigt. Die Folge sind Luftströmungen durch die Fugen der Fußbodendielen. Eine ähnliche Situation ergibt sich im Bereich der Pfettenauflager.
Dazu steht hier in der DIN 4108-7: „Bei einbindenden Innenbauteilen (z. B. Zwischendecken und Innenwänden), die die Luftdichtheitsschicht der Außenbauteile durchstoßen, sind besondere Maßnahmen zu treffen. Beispiel 1: Beim Anschluss einer Innenwand aus gelochten Steinen an ein Dach in Holzbauweise muss der Mauerkopf abgedichtet werden. Dies darf durch einen Folienstreifen erfolgen. Alternativ darf ein Mörtelglattstrich auf beiden Flanken und auf dem Mauerkopf aufgebracht werden und die Luftdichtheitsschicht des Daches …..angeschlossen werden.“ Die Nichtbeachtung dieses Satzes kann zu erheblichen Schäden führen.
Vor dem Anschluss: Wände mit Glattstrich versehen
Meistens kommt es bei der späteren Nutzung zu konvektiven Strömungen, die durch Elektroinstallationsdosen eintreten und ungehindert durch die Hohlkammern der Steine in die Dämmung gelangen. Auch beim Anschluß der Innen- an die Aussenwand sollte vorher ein Glattstrich erfolgen. Bei „Massivwänden, die die luftdichte Ebene darstellen und aus verputztem Mauerwerk mit Hohlräumen bestehen,“ fordert die Norm übrigens seit 2011 luftdichte Elektro-Installationsdosen.
Irrtum: Mauerwerk ist nicht automatisch luftdicht
Die bisher geschilderten Details betreffen weitgehend den Neubau. Bei der Sanierung stoßen wir häufig auf luftdurchlässiges Mauerwerk, das gemeinhin als luftdicht gilt. Egal ob Vollziegel oder Bruchstein-Mauern, immer wieder werden bei Blower-Door-Tests Strömungen festgestellt, wo es eigentlich gar nicht sein kann. Wenn dann einfach mit Gipskarton verkleidet wird, ist der Ärger bei der abschließenden Luftdichtheitsmessung vorprogrammiert.
Tipp aus der Praxis: Schmieren statt Verkleiden. Putz aufbringen ist hier die bessere Lösung, zumindest sollte ein Glattstrich erfolgen.
Achtung bei Brettstapelelementen
Was bei Ziegelmauerwerk die Hohlräume und Stoßfugen der Steine sind, betrifft beim Holzbau die Anschlussdetails oder auch die Stöße von Brettstapelelementen.
Der moderne Holzbau hat früh gelernt, die Lage der Luftdichtungsebene zu definieren und im besten Fall mit einer Installationsebene zu arbeiten. Auch sind spätestens seit den 90er-Jahren die entsprechenden Konstruktionsdetails in Fachkreisen verbreitet.
Konvektionsströmungen
Doch können sich die wenigsten Holzbauer vorstellen, dass es zwischen einer genagelten OSB-Platte und einem Rähm aus getrocknetem Holz zu konvektiven Strömungen kommt. Im vorliegenden Fall wurde die Dampfbremse an die OSB-Platte der Innenwand angeschlossen und nicht, wie es richtig gewesen wäre, an das Rähm. Alternativ hätte ein Folienstreifen über der Innenwand ausgereicht, der beidseitig mit der Dampfbremse verbunden wird. In der DIN 4108-7 steht hierzu:“ Anschlüsse von einbindenden Bauteilen, wie z. B. Innenwänden bzw. Holzbalkendecken, im Holz- und Leichtbau sind durch Verwendung von z. B. Anschlussstreifen oder Ausbildung einer wirksamen Abschottung luftdicht………anzubinden.“
Ein Indiz für einen solchen Fehler sind beim Blowerdoor-Test Zugerscheinungen an den Elektroinstallationsdosen der Innenwände. Dies gilt gleichermaßen für Massiv- und Holzbau.
Vorsicht: luftdichte Ebene verläuft manchmal außerhalb
Während sich beim Holzrahmenbau mit luftdichter Schicht aus inneren OSB-Platten die Leckagesuche vergleichsweise einfach gestaltet, ist Brettstapelbauweise besonders heimtückisch. Hier verläuft die luftdichte Ebene oft außerhalb.
Wenn die Dämmung bereits aufgebracht wurde, zeigen sich Leckagen allenfalls noch durch diffuse Strömungen an einzelnen Fugen.
Zudem fordern EnEV und KfW die Blower-Door-Messung im fertigen Zustand. Es wird zwar eine baubegleitende Leckagesuche zur Qualitätssicherung empfohlen, diese gilt aber nicht als Nachweis der geforderten Luftdichtheit. Die beste Variante sind also zwei Tests.
Die derzeit noch gültige Messnorm DIN EN 13829 spricht nur von großen Leckagen, die zu protokollieren sind, definiert diese aber nicht weiter. Um sich der Definition von Leckagen zu nähern, gibt es einen aktuellen Forschungsbericht.
Bauschadensbeispiel
Was kleine Leckagen anrichten können, zeigt folgendes Beispiel: Bei einem Holzhaus aus Brettstapelelementen fehlte die Abklebung der luftdichten Ebene im Übergang Flachdach zu Außenwand unterhalb der Attika. Da bei der Montage der Attika aus statischen Gründen ein Teil der OSB-Platte, die die luftdichte Ebene bildete, das darunter liegende Wandelement überlappte, wurde die fehlende Abklebung an dieser Stelle nicht bemerkt. Der Blower-Door-Test war mit einem n50 –Wert von 0,55 h-1 zufriedenstellend. Aber: durch die beidseitig relativ diffusionsdichte Bekleidung der Attika löste sich deren Tragwerk an manchen Stellen fast vollständig auf. Der Schaden fiel bei der Kontrolle der Satellitenschüssel auf, die sich mühelos hin und her bewegen ließ.
Durchdringungen
Durchdringungen sind das weitere, große Thema des Holzbaus. Massivhausbauer, die sich jetzt gerade zurücklehnen, seien daran erinnert, dass die meisten Häuser ein Dach aus Holz haben. DIN 4108-7 schreibt dazu Folgendes: „Durchdringungen können durch Flansche, Schellen, Formteile, Manschetten oder Klebebänder luftdicht angeschlossen werden. Auf den für die handwerkliche Ausführung notwendigen Abstand zu aufgehenden Bauteilen ist zu achten.“
„Durchdringungen müssen bei der Planung mit so viel Abstand untereinander und zu Bauteilen angeordnet werden, dass ausreichend Platz für die handwerkliche Herstellung des luftdichten Anschlusses bleibt.“ Häufig wird es entweder schon bei der Planung vermasselt oder die Bauleitung achtet nicht darauf. Schade nur, dass so wenig Handwerker Bedenken anmelden und immer wieder versuchen, die Fehler der Anderen mit viel Klebeband auszubügeln. Der allseits beliebte Montageschaum ist, nebenbei bemerkt, laut DIN 4108-7 jedoch „nicht zur Herstellung der erforderlichen Luftdichtheit geeignet.“
Auch beim Holzbau gelten, was die Sanierung anbelangt, andere Gesetze. Das verbreitete Statement, im Altbau sei 100% nicht möglich, hilft niemandem.
Ein Blick in die Norm zeigt auch hier, worauf zu achten ist: „Untergründe auf denen geklebt werden soll müssen sauber und trocken, frei von Staub, Fett, Öl und weiteren haftmindernden Stoffen sowie ausreichend tragfähig sein. Verunreinigte oder unzureichend tragfähige Untergründe müssen vorbehandelt werden, z. B. durch Auftragen eines Haftgrundes (Primer).“ Und weiter: „Klebebänder mit geringer Klebstoffmasse sind für raue oder faserige Untergründe nicht geeignet.“
Fazit: Luftdichtheitskonzept ist nicht nur lästige Pflicht, sondern vermeidet Schäden
Der wichtigste Satz aus der Norm ist: „Die Luftdichtheitsschicht ist sorgfältig zu planen, auszuschreiben und auszuführen. Die Arbeiten sind zwischen den Beteiligten am Bau zu koordinieren.“ Somit erhalten in Zukunft Luftdichtheitskonzept und Baubegleitung einen immer höheren Stellenwert.
Haben Sie noch Fragen zu dem Thema oder dem Artikel? Dann kontaktieren Sie mich: info@bionic3.de oder 0171 706 1344
Über mich (Holger Merkel)
Quellen & Lesetipps
- DIN 4108-7 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden –Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden www.beuth.de
- Forschungsbericht FLiB – Mit Mitteln der Forschungsinitiative Zukunft Bau des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung gefördert: Bewertung von Fehlstellen in Luftdichtheitsebenen – Handlungsempfehlungen für Baupraktiker.
Kostenloser Download: https://flib.de/publikationen/forschungsbericht/FLiB_Forschungsbericht_2016.pdf - Infoportal zu Luftdichtheit & Messungen: http://www.luftdicht.de/